Neues Buch zur Identität der deutschsprachigen Belgier
Im September 2020 erschien im Logos-Verlag Berlin ein neues Buch zur Identität der deutschsprachigen Belgier (so auch der Titel) von Prof. Dr. Bernhard Bergmans (Westfälische Hochschule - Recklinghausen), hiernach respektvoll Bergmans genannt.
Da ich mich selbst seit Jahrzehnten mit Fragen der deutschen Sprachgruppe in Belgien und mit deren Identitäten beschäftige, habe ich diese neue Veröffentlichung zur Identität der Bevölkerungsgruppe im Osten Belgiens sozusagen mit dem Bleistift gelesen und mich mit den Thesen und Vorschlägen auseinandergesetzt.
Während sich die Historiker in unserer Gemeinschaft sich bei der Identitätsthematik überwiegend auf die Vergangenheit und die Geschichte fokussieren, betrachtet Bergmans sie zunächst von der wissenschaftlichen Seite her. Insofern muss ich gestehen, dass ich wirklich viele neue Sichtweisen erhalten habe. Für den Einzelnen ist es wohl schwer möglich, sich die gesamte Literatur zur Identität der Deutschsprachigen in Belgien zu Gemüte zu führen, auch Bergmans listet in seinen Quellen ein imposantes Verzeichnis auf und sagt denn auch, dass die Deutschsprachigen wohl „über- beschrieben“ aber „unter-durchdacht“ sind (im Buch S. 34).
Tatsächlich kommt Bergmans zu dem Schluss, dass die Identitätsthematik wohl immer noch nicht zu Ende gedacht ist, auch wenn die Politik meint, mit der Marke „Ostbelgien“ komme man einer Erledigung näher. Insofern spart er auch nicht mit Kritik an den Historikern (vielleicht manchmal etwas überzogen), deren historische Sichtweise nicht das ganze Bild einer Identität widerspiegeln würde, zu unvollständig sei, zu retro und nicht zukunftsorientiert. Dezidiert setzt sich Bergmans mit allen Schattierung der Identität auseinander und auch ich muss gestehen, dass der jetzige Zustand wohl nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. Schon immer habe ich die offizielle Sichtweise einer kultivierten „Zugehörigkeitsidentität“ und einer ebenso bewusst betriebenen „Grenzlandidentität“ zurückgewiesen, aus Gründen, die einleuchtend in dem neuen Buch von Bergmans immer wieder thematisiert werden (die von mir verwendeten Begriffe sind auch sämtlich dem Buch entnommen) und die ich hier nur anreißen möchte. Die Zugehörigkeit zu Belgien mag zwar ein Element unserer Identität sein, aber nicht das einzige und auch nicht das wichtigste. Ebenso schafft die Grenzland-Mentalität letztendlich Grenzen in den Köpfen, die uns eigentlich davon abhalten, uns für die Zukunft zu öffnen. Sie bedeutet Einengung, nach Westen wie nach Osten, nach Norden wie nach Süden. Vieles ist in dem Buch wissenschaftlich erklärt und gut durchdacht.
Bergmans geht es offenbar nicht darum, jetzt die Lösung zu präsentieren, aber er möchte die vielen Pfade aufzeigen, die dazu führen können, eine Identität für die deutschsprachigen Belgier heraus zu arbeiten, was auf jeden Fall durch Dialog und nicht durch Streit (pro-belgisch und pro-deutsch) geschehen soll. Er erhebt dabei auch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, sondern fordert alle auf, nicht nur die Politiker oder Historiker, sich diesem Dialog zu stellen und zu öffnen, und er nennt explizit auch die Dorfarchivare und engagierten Bürger, zu denen ich mich zähle. Deshalb möchte ich in den kommenden Monaten immer wieder einige Thesen aus dem Buch aufgreifen und meine Gedanken dazu kundtun. Dies geschieht bereits auf meinem Blog www.waltherjanssen.eu, in dem ich auch meine Erinnerungen an die Hermann-Niermann-Stiftung veröffentlicht habe. Auf jeden Fall bin ich aber bereit meine Meinungen und Standpunkte in einem strukturierten Online-Forum einzubringen, eine Anregung die Bergmans als „Denkfabrik“ bezeichnet, die aber erst geründet werden müsste.
Das Buch ist im Buchhandel oder sicher in Online-Handel erhältlich zum Preis von 39 €.
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