Wie Gerd Ruge so ein bisschen mein Leben beeinflusste
Am Freitag den 15. Oktober 2021 verstarb in München im Alter von 93 Jahren der Rundfunk- und Fernsehjournalist Gerd Ruge von der ARD. Über meine Erinnerung an ihn und was er für mein Leben als politischer Bürger bedeutete, hier meine Erklärung.
In meinem Elternhaus in der kleinen Gemeinde Hauset in Ostbelgien, im deutschen Sprachgebiet Belgiens hörten wir in den 50-er und 60-er Jahren des vergangenen Jahrhundert ausschließlich den Westdeutschen Rundfunk. Er war unsere einzige Nachrichtenquelle. In 1958 und 1959 war ich gerade mal 12 Jahre alt, aber bereits ein gesellschaftspolitisch interessierter Junge. Woher ich diese Ader hatte ist auch in der Nachbetrachtung schwer festzustellen, es waren jedoch die Reportagen von Gerd Ruge als Korrespondent in Moskau die mich zu zwei Dingen hinführten, nämlich zu dem riesigen Land das man damals die Sowjetunion nannte und zum Journalismus, denn ich begann tatsächlich zu schreiben. Von den weiten Russlands hatte ich wohl aus bescheidenen Erzählungen meines Vaters Richard Janssen gehört, der für einige Monate im Mittelabschnitt des Überfalls auf die Sowjetunion als Soldat der Wehrmacht eingesetzt wurde. Zu dieser Zeit 1941-1942 wohnte er in Eupen, jener Kreisstadt die durch den Vertrag von Versailles mit dem Kreis Malmedy an Belgien fiel und durch Erlass des Reichsführers Adolf Hiller wieder vom Deutschen Reich nach dem Überfall auf Belgien am 10. Mai 1940 annektiert worden war. Mein Vater wurde verwundet und kehrte noch 1942 nach Eupen in die Heimat zurück. Allerdings brachten die Reportagen von Gerd Ruge, denen ich lauschte, mir das riesige reich näher und es entwickelte sich eine Affektion für dieses Land und seine Völker, die bei mir bis heute anhält.
Ich muss gestehen dass mich die Erzählungen von Gerd Ruge auch selbst zum Schreiben brachten, denn ich begann Erzählungen zu Papier zu bringen, die ich heute noch besitze. Es waren Phantasieerzählungen freilich, die auch nie irgendwie veröffentlicht wurden. Dies entfachte bei mir auch den Wunsch Journalist zu werden, wurde Gerd Ruge doch zu einer Art Vorbild.
Das Leben spielte sich freilich anders ab. Ich verfolgte die Karriere des Gerd Ruge aber über viele Jahrzehnte bis zuletzt im Fernsehen auch seine Reiseberichte, als er schon lange im Ruhestand war. Besonders aber hatte er mein Interesse für für die Sowjetunion und Russland geweckt. Im Jahr 1968 reiste ich dorthin, was keineswegs geschah weil ich dem Kommunismus oder seinen Ideologien verfallen war, es war ganz einfach mein tiefes Empfinden für dieses Volk, seiner Weite und seiner Vielfalt. Dabei spielten auch Filmserien wie "Soweit die Füße tragen" eine bedeutende Rolle, es gab in der Tat sonst nur politische Sendungen und der Kalte Krieg war ja in vollem Gange. 1973 reiste ich nochmal in die Sowjetunion, auch nach Georgien und Abchasien, und konnte ein immer umfassenderes Bild dieses Landes gewinnen. Auf meinen früheren Reisen hatte ich auch eine Freundschaft gewonnen, die mit einer Brieffreundschaft begann. Dieser Freund war Nikolai Bulgakow, der heute Pope in der orthodoxen Kirche von Schukowski bei Moskau ist. Im Jahr 1982 und im Jahr 1985 begegnete ich Nikolai, der inzwischen auch Familie hatte, einmal in Leningrad (das heutige St. Petersburg) und einmal in Tallinn in Estland, zu der Zeit noch eine Sowjetrepublik. Jedes Mal reiste ich anlässlich meiner Geschäftsreisen von Finnland aus dorthin.
Bekanntlich fiel dann nach dem Fall der Berliner Mauer auch der Eiserne Vorhang und aus der Sowjetunion wurde die Russische Föderation. In meiner Firma Janssen Cosmetics hatte ich das Glück Geschäftspartner zu finden, die ich natürlich ab 2002 regelmäßig besuche. So lernte ich, ausgehend von der Initiierung vierzig zuvor, die auf Gerd Ruge zurückging, das riesige Land und vor allen Dingen seine Völker und Kulturen kennen. In meinen Lebenserinnerungen auf dieser Webseite habe ich viel darüber berichtet. Auch vom Journalismus ist etwas hängen geblieben, hat mich doch das Schreiben mein Leben lang in allen Bereichen begleitet, beruflich, gesellschaftlich, politisch und dies ganz einfach aus dem Wunsch heraus mich einzubringen und nicht zu schweigen.
Die Fotos sind aus dem dpa Fotoreport und dem ard.web
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