Die identitätsstiftenden Merkmale für Ostbelgien
Das Regionale Entwicklungsmodell REK der Regierung der deutschsprachigen Gemeinschaft (DG) in Ostbelgien befindet sich auf halben Wege was die Zeitlichen Abläufe betrifft. Der Abschluss für für
Ende 2023 vorgesehen. In diesem Workshop gab es vier Arbeitsgruppen: Identität und Heimat, Raumordnung, Tourismus sowie Freizeit, Kultur und Ehrenamt. Ich hatte die gruppe Identität und Heimat
ausgesucht und wechselte gelegentlich auch zur Gruppe für den Tourismus.
Die Arbeit begann mit der Überprüfung der in den verschiedenen vorab durchgeführten Fachwerkstätten wobei hier durchaus Änderungen vorgenommen werden konnten. Die inhaltliche Überarbeitung führte dann allerdings zu einem Maßnahmen-Katalog, der zum Teil recht kontrovers diskutiert wurde. Ich möchte hier meine Meinung zu den identitätsstiftenden Elementen der Identität und der Beschreibung des Heimatgefühls kundtun, es war nämlich konkret nicht möglich für den einzelnen Teilnehmer, seine eigenen Thesen anzubringen oder durchzusetzen. Wie schon bei den Werkstätten hatte ich das Gefühl, dass man sich zu sehr mit der Anpassung und Verbesserung bestehender Verhältnisse beschäftigte, dass es aber andererseits sehr schwer war, visionäre Ideen anzubringen. Ein konkretes Beispiel möchte ich hier unten nennen, es betraf den Tourismus.
Zu den identitätsstiftenden Merkmalen unserer Identität gehören solche die Frau Prof. Dr. Stein in einem einleitenden Referat aufführte: Tradition, Sprache (auch Dialekt), Geschichte, Mythen, Architektur, Verhaltensmuster ...
Das identitätsstiftende Merkmal Mehrsprachigkeit. Ebenso gibt es Bindungsmerkmale wie Kulturelle Bindungen, ökonomische und soziale. In den Werkstätten waren gerade zur Identität in der SWOT Analyse viele Stärken und Schwächen aufgeführt worden, aber die davon abgeleiteten Ziele waren aus meiner Sicht eher dürftig und nicht alle zielführend. Das ist keine Kritik am Verfahren an sich, aber im Grunde geht es doch um die Frage, wie wir in 2040 Leben möchten und wie wir unsere Identität definieren.
Dabei stoße ich sofort auf das Dilemma dass man einerseits von Ostbelgien spricht, aber eigentlich die Institution Deutschsprachige Gemeinschaft (DG), also die neun Gemeinden des deutschen Sprachgebiets in Belgien meint. Es ist für mich sehr schwer eine besondere Identität für die DG heraus zu filtern, wobei man sich auch noch einig war, dass die Identität im Norden des Hohen Venns und im Süden desselben doch unterschiedlich ist.
Als ein besonderes herausragendes Merkmal der Region DG wurde die Mehrsprachigkeit hervorgehoben, bzw. auch als Ziel definiert, da es eine Wirkung in vielen Bereichen entfalten kann: Schule, Wirtschaft, Tourismus, Kultur, um nur einige zu nennen. Widersprüchlich war dann allerdings, dass man den Standpunkt vertreten hat, das gefühlt die französische Sprache auf dem Rückzug sei, und deshalb Nachteile entstehen würde. Um meine Sichtweise zum Ausdruck zu bringen möchte ich hier erläutern, weshalb die Mehrsprachigkeit ein identitätsstiftendes Element unserer regionalen Identität werden kann und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen. Meine Sichtweise deckte sich nicht mit der in der Gruppe, die zu sehr auf die französische Sprache ausgerichtet ist, aus Gründen die ich zwar verstehe aufgrund von 70 Jahren Sozialisierung in diese Richtung. Diese relative Einseitigkeit sollte aber nicht die Zielsetzung für die Zukunft sein, wenn wir die Mehrsprachigkeit als besonderes Merkmal unserer Identität entwickeln möchten.
Einen Bericht über diese Tagung finden Sie unter dieser Verlinkung auf der Webseite "Leben in 2040" auf ostbelgienlive.be , auch als Podcast
Ostbelgiens regionale Identität
Mehrsprachigkeit
Wenn man als Ziel 2040 die Mehrsprachigkeit für unsere Region und unsere Gemeinschaft als Identitätsmerkmal etablieren und erhalten möchte, und dies ist auf jeden Fall meine Meinung und
mein Ziel, dann darf es keine einseitige Festlegung in eine Richtung geben, wie in unserem Fall hin zur französischen Sprache. Unsere
Identität ist geprägt (siehe Dr. Stein) durch unsere Kultur, unsere Geschichte, unsere Traditionen und Mythen, unsere Verhaltensmuster und an erster Stelle durch unsere Sprache, und die
ist nun einmal Deutsch.
Deshalb kann ich mir ein Bildungssystem und ein Unterrichtswesen vorstellen, in dem die deutsche Sprache die Leitsprache ist und in dem sowohl Englisch als auch die zwei anderen Sprachen Niederländisch und Französisch weitere Elemente eines multilingualen Bildungssystems sind. Das Ganze muss aber demokratisch ablaufen und von den Eltern frei gewählt werden können, zumindest in den frühen Bildungsjahren. Später entscheiden die Lernenden und Studierenden selbst. Ich muss auch hier schon betonen, dass ich die Wahl von Englisch als erste Fremdsprache absolut den Vorzug gebe, die beiden Landessprachen kämen hinzu.
So könnte ich mir einen Kindergarten vorstellen, in dem Deutsch als Leitsprache erhalten bleibt, aber in dem auch alle Kinder mit Französisch oder Englisch als Muttersprache mitgenommen werden.
Auch Niederländisch kann in bestimmten Gemeinden berücksichtigt werden. Um zu versuchen gewissen Vorbehalten gleich entgegenzutreten: ja, die Erzieherinnen und Erzieher müssen auch neben Deutsch
zumindest Grundkenntnisse der anderen Sprachen haben, um sich sowohl gegenüber französischsprachigen Landsleuten oder auch französischsprachigen Migrantinnen und Migranten, ausdrücken zu können
bzw. diese entsprechend anzuleiten, um des Anderen Sprache zu lernen. Das Gleiche gilt auch für Englisch, denn einerseits dient diese Sprache in gewisser Weise als Weltsprache und auch als
Umgangssprache für viele Migranten (meine Enkel:innen haben aufgrund des Internets bereits heute im Vorschulalter und in der Grundschule zumindest einige Kenntnisse dieser Sprache). Und ja,
die Kosten sind höher, dies setzt eine Entscheidung voraus darüber, wieviel uns die Bildung in Zukunft wert ist und welchen Stellenwert die Mehrsprachigkeit in unserer Heimat haben soll.
Im Grundschulalter werden neben Deutsch, und nach einer bestimmten Ordnung, auch die anderen Sprachen gelehrt. Dabei sollte überlegt werden, in Anbetracht der zukünftigen Entwicklungen, ob Englisch nicht die erste Sprache sein soll, oder ob Französisch bzw. Niederländisch als erste Sprache gewählt werden können. Meinen Vorzug habe ich erwähnt. Auch muss festgelegt werden, ab welchem Schuljahr die Fremdsprache unterrichtet wird. Beginnt man zum Beispiel mit der ersten Sprache Englisch im ersten Jahr (was aufgrund auch heutigen digitalen Entwicklungen kein großes Problem sein dürfte), so würden die beiden anderen Sprachen ab dem 3. Schuljahr unterrichtet. Auch die Stundenzahl muss festgelegt werden. So wäre es aber möglich, bereits in der Grundschule vier Jahre Sprachunterricht zu erhalten und damit recht gute Grundkenntnisse zu erwerben.
In der Mittelschule bis zum Abitur könnte die Regelung so fortgesetzt werden. Am Ende des Zyklus müsste als Ergebnis stehen, dass die englische Sprache sehr gut beherrscht wird, und sehr gute
Kenntnisse in Französisch und Niederländisch vorhanden sind, um an einer der Universitäten in Wallonien, Flandern oder Brüssel studieren zu können. Die freie Wahl der Universität
darf aber nicht beeinträchtigt werden durch eine irgendeine Vorabfestlegung auf die französische Sprache.
Hierzu: Auch die geäußerten Vorteile einer bilingualen Kernkompetenz halte ich für nicht stichhaltig. Weder die nachbarliche Nähe zur französischsprachigen Region, die sich
nebenbei gesagt umgekehrt weigert, die deutsche Sprache zu erlernen, ebenso wenig wie die niederländische Sprache. Auch unsere Identität zu verwässern mit dem Hinweis auf eine gegebene
Vermischung von Sprachelementen aus der französischen Sprache, ist ein Trugschluss. Dies hat es zu allen Zeiten im Lauf der Geschichte gegeben und ist auch heute besonders durch zahllose
Leihelemente aus der englischen Sprache gegeben. Diese Feststellung gilt für die Identität selbst, wie ich später noch kurz erläutern möchte.
Digitalisierung (KI): Sollte für die Erlernung der zweiten und dritten Fremdsprache der Stundenplan nicht ausreichend sein, weil man auch zum Beispiel noch Latein einfügen muss, so ist mein Vorschlag, die Digitalisierung mit einzuschalten und auch durch Eigeninitiative und Lehrer-Begleitung die Heimarbeit (Hausaufgaben) in dieser Richtung zu verstärken. Assimyl ist zum Beispiel ein anerkannt gutes Sprachlernprogramm, mit dem man mit zwei Stunden pro Woche vieles erreichen kann. Und mit einer Prüfungspflicht ausgestattet reicht alleine dies, um zum Beispiel Französischkenntnisse zu erlangen, die einen Dialog auf Augenhöhe mit unseren Nachbarn im französischen Sprachgebiet ermöglichen.
Deshalb gebe ich der englischen Sprache den Vorzug, denn sie bietet, neben dem Deutschen als Muttersprache mit einem Markt von 100 Mio. Menschen, den vorhandenen Status einer „Weltsprache“ und die größten wirtschaftlichen Möglichkeiten, nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt. Selbst Niederländisch ist als Sprache nahe an den Regionalsprachen (Dialekten) unserer Heimat und öffnet ebenfalls ein wirtschaftliches Marktpotential von 20 Mio. Menschen. Bedeutung haben die beiden Landesprachen für den Zugang zu allen Verwaltungsstellen und Behörden des Bundesstaates Belgien.
Mit einem ausgewogenen Stundenplan in allen Unterrichtsstufen kann der Weg hin zu der angestrebten Mehrsprachigkeit in einem überschaubaren Zeitraum erreicht werden, auch für ausreichend Erzieher. Sicher werden die Sprachforscher dabei helfen, den richtigen Weg zu finden und die Bevölkerung unseres lebenswerten Streifens durch ein hohes Maß an Sprachkenntnissen viele Tore im zukünftigen Europa zu öffnen.
Weitere Merkmale der Identität
Institutionelle Identität
Neben der Sprache gibt es meiner Meinung nach noch weitere Merkmale der Identität, die unseren Lebensraum und unsere Gemeinschaft auszeichnen und somit als Erkennungsmerkmale dienen können. Dabei möchte ich ausdrücklich zwischen der institutionellen Identität der neun Gemeinden des deutschen Sprachgebiets und der „deutschsprachigen“ Gemeinschaft auf der einen Seite und der regionalen Identität eines Lebensraums der als Ostbelgien bezeichnet wird, auf der anderen Seite, unterscheiden.
Die institutionelle Identität ist mit dem Begriff Eupen-Sankt Vith hinreichend definiert. Es ist aber nicht meine Absicht, an der vor kurzem erstellten Marke Ostbelgien zu mäkeln, sie ist für mich und für viele Menschen unserer Heimat etwas anderes als die Institution DG. Da wir aber im Zuge der nächsten Verfassungsreform eine Bezeichnung für die Institution der neun Gemeinden finden müssen, bin ich der Meinung, dass diese institutionelle Bezeichnung eher Eupen-Sankt Vith sein sollte, und nicht Ostbelgien, was sicher weiter darüber hinaus geht. Als Marke kann Ostbelgien natürlich erhalten bleiben, auch für diese erweiterte Region.
Lebensart
Die in unserem Kreis „Identität und Heimat“ diskutierte Lebensart als ein Element unserer Identität halte ich hingegen nicht für ein Alleinstellungsmerkmal. Die Haltung ist vielmehr aus der Sozialisierung zum Französischen während 70 Jahren entstanden. Auch auf der anderen Seite der Staatsgrenze in Aachen, Roetgen, Monschau, Prüm, Bitburg gibt es hinreichend Genussmenschen, die sogar begonnen haben, belgische Biere zu trinken. Auch in Aachen verwendet der Öcher noch immer französische Begriffe wie „troddewaar“ oder „portemonnee“, zugegeben mit nachlassender Tendenz. Die in der Runde geäußerte Hinwendung der „Lebensart“ zum französischsprachigen Landesteil, oder die Vermischung derselben mit unserer eigenen, traditionellen Lebensart ist deshalb kein Element unserer Identität. Unsere Lebensart unterscheidet sich vielleicht in einigen Nuancen von der im Rheinland, sie ist aber nicht grundsätzlich anders. Dass sich bedingt durch die Sprachgrenze gewisse Elemente in unsere Lebensart einreihen, ist mehr als normal. Sie ist also nichts Besonderes.
Eine weltoffene europäische Landschaft
Ein weiteres mögliches Merkmal unserer Identität müssen wir sicher hinzufügen.
Unsere Region ist ein Geschichtsbuch Europas. Wir sollten unsere Region als ein geschichtsträchtiges Gebiet im Herzen von Westeuropa vorstellen und bewerben, als ein Lebensraum, wo Europa Geschichte schrieb und wo man europäische Identität hautnah erleben und genießen kann (auch wenn wir da noch nicht so ganz sind), denn mit den Orten entlang unserer Gemeinden, und jetzt bin ich wieder bei Ostbelgien, kann dies identitätsfördernd sein. Wenn auch dieses Merkmal sicher in Richtung Tourismus geht, so sind die geschichtsträchtigen Orte doch ein besonderes Merkmal, mit dem wir uns identifizieren können. Sie üben eine Anziehungskraft zu unserer Region aus und umgekehrt geht eine Strahlkraft von hier aus, weit über Grenzen hinweg. Es beginnt schon bei den Römern, aber es geht weiter, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, in Aachen mit Karl dem Großen und dem Centre Charlemagne; über Kelmis als neutrales Gebiet und dem dortigen Museum; nach Raeren mit seinen Töpfereien, die über ganz Europa verbracht wurden und auf Gemälden alter Meister zu sehen sind; nach Eupen und dem Stadtmuseum, als Stadt mit den vielen Baudenkmälern aus der Blütezeit der Tuchindustrie, ähnlich wie in Monschau; ins Hohe Venn mit dem Naturpark Eifel, eine grüne Lunge im Herzen Europas; dann Stavelot (Stablo) mit dem Kloster aus dem 7. Jahrhundert, inkl. dem Francorchamps-Museum; ebenso Malmedy, mit der Abtei von 648, dem Kloster Malmedy und den Erinnerungen an das Ende des 2. Weltkriegs; nach Büllingen und Bütgenbach, bereits im 9. Jhd. zur Zeit der Karolinger erwähnt, auch mit dem Hof von Büllingen sowie dem See von Bütgenbach, mit seinem Ferienzentrum mit Schwerpunkt Sport; nach Amel, wo sich Römerstraßen kreuzten (Via Mansuerisca), wo die Schlacht zwischen Austrasien und Neustrien 716 stattfand aus der Karl Martell als Sieger hervorging; nach Sankt Vith, auch wegen der Erinnerung an die letzte Offensive des Naziregimes zum Ende des 2. Weltkriegs; nach Burg Reuland mit der alten Burg und in der Tat dem Dreiländereck in Ouren.
Man könnte auch weiter nach Westen, Osten und Süden streifen oder einfach durch das Großherzogtum Luxemburg schauen, dem viele Gemeinden Jahrhunderte zugehörten, bis nach Schengen, ebenso wie Aachen in ganz Europa bekannt.
Dies alles liest sich also wie ein europäisches Geschichtsbuch, welches auch in unseren Bildungsanstalten stärker vermittelt werden muss, um identitätsstiftend im europäischen Sinne zu wirken und auch um weg von dem Image der Grenzregion zu kommen, hin zu einer weltoffenen Region als Mosaikstein in einem (hoffentlich) werdenden Europa. Wir könnten eine touristische Route entwickeln und diese, ähnlich wie den Eifelsteig von Kornelimünster bis Trier, erwandern oder mit dem Rad entdecken, vom Dreiländereck im Norden bei Kelmis und Aachen bis zum Dreiländereck im Süden bei Ouren, oder sogar darüber hinaus bis zum Dreiländereck bei Schengen, Es bedeutet also: Europäische Geschichte auf Schritt und Tritt erleben.
Ökologische Musterregion – klimaneutral
Weitere identitätsstiftende Merkmale sehe ich in der Vision 2040 auch zum Beispiel bei dem Versuch, unsere Landschaft zu einer ökologischen Musterregion zu entwickeln und unter besonderen ökologischen Schutz zu stellen, Dazu gehört zum Beispiel, das institutionelle Gebiet zur ersten CO2 neutralen Gegend zu machen, nur mit erneuerbaren Energien, noch vor Nordrhein-Westfalen. Zu einem solchen Image würde auch eine biologische Landwirtschaft gehören, ein nachhaltig geschützter Wald und ein Europäische Naturreservat und Biosphäre. Wir sind offen für einen nachhaltigen Tourismus, der mit der Raumordnung auch für Ansässige in Einklang steht. Wir schaffen eine Willkommenskultur in der wir unsere Geschichte, unsere eigenen Produkte, unsere landschaftlichen Reize, zugänglich machen und durch Sprachoffenheit und Weltoffenheit glänzen. Vielleicht kann auch die eingangs beschriebene Bildungskultur eine Rolle spielen.
Warum zum Beispiel nicht durch die Schaffung von Schul- und Hochschuleinrichtungen auch internationales Publikum hier anziehen, durchaus in bestehenden Baudenkmälern (Emmaburg, Reinhardstein, Burg Reuland) um auf diese Art und Weise vielleicht einen Teil unseres Fachkräftebedarfs auch vor Ort zu generieren aber vor allen Dingen auch eine weltoffene Darstellung zu kreieren. Für all das würde es auch Mittel der EU geben.
Schlussbemerkungen
Es mag noch einige andere identitätsfördernde Merkmale für unsere Heimat geben, die auch in den Workshops erwähnt und herausgearbeitet wurde. Wichtig erscheint mir, dass diese Identität nicht mit einer überzogenen „belgitude“ einhergeht, sondern dass sie ein weltoffenes, europäisches Bild unserer Region hinterlässt. Dies hat nichts mit Abgrenzung zu tun. Die Grenzen und die Grenzregion sind lange genug bemüht worden, auch die sogenannte Brückenfunktion. Dies hat zu grenu´zen in unseren Köpfen geführt. Wir müssen zu einer Region werden, in der wir gut und gerne leben und zu der die Menschen gerne hinkommen, weil sie sich wegen des einen oder anderen Merkmals hingezogen fühlen. Dies darf auf keinen Fall ein „nationalistisches“ Gefühl sein, sondern ein überzeugendes grenzenloses, offenes Heimatgefühl mit Elementen, auf die wir stolz sind.
Bei der institutionellen Identität der neun Gemeinden, die vielleicht im Zuge der anstehenden Staatsreform auch zu zwei Gemeinden werden können mit in der Tat zwei unterschiedlichen regionalen Identitäten, müssen wir die Kennzeichen dieser Identität der Bevölkerung bekanntmachen und diese auch hervorheben. Auch dies hat nichts mit „Nationalismus“ oder Kirchturmpolitik zu tun, wie in den Gruppen erwähnt wurde, zum Beispiel mit Hinweis auf die flämische Flagge, die in Flandern allerorts zu finden ist.
Bei uns ist die Gemeinschaftsflagge nur wenig sichtbar, der Feiertag ist nicht identitätsstiftend (oder wenn dann nur beim politischen Establishment), wie soll da die Bevölkerung sich hinter die Errungenschaften der Autonomie stellen und diese wertschätzen. Die Wertschätzung der Autonomie war zu Recht eine Maßnahme im Workshop „Heimat und Identität“. Vielleicht würde es diesen Gedanken fördern, wenn wir bei uns, ähnlich wie am Tag der deutschen Einheit in der Bundesrepublik, reihum in einer Gemeinde oder Ortschaft am 23. Oktober eines jeden Jahres unsere Identität zelebrieren mit einem Bürgerfest bei Musik, Kultur, Bier und Wein, beim Grillen und Scillen. Neben der vorgeschlagenen Bürgerkunde, die auch Europa einschließen sollte, wäre dies ein wichtiges Element zur Identitätsförderung.
Bleibt nur zu wünschen, dass neben der Initiative zur regionalen Entwicklung im Rahmen von Leben in 2040, die Bürger sich auch einbringen in die Staatsreform und der Befragung hierzu, die derzeit online geschaltet ist (und nur noch wenige Tage läuft). Aber auch hier sollten wir nicht das Werkeln an dem Vorhandenen in den Vordergrund stellen, sondern die Visionen für 2040. Man kann die Staatsreform nicht loslösen von dem Wunsch, wie wir in 2040 leben möchten. Deshalb muss das deutsche Sprachgebiet in Belgien, die DG, ein gleichwertiger Bundesstaat im zukünftigen Belgien werden, gleichberechtigt neben den drei anderen Regionen. Das ist zwar ein politisches Statement, gehört aber zur Identitätsfrage und deren Zukunft dazu.
So jetzt aber für einstweilen genug für heute. Der Dialog ist noch nicht abgeschlossen und so ist jeder konstruktive Gedanke willkommen. Packen wir es also gemeinsam an, wir schaffen das.
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