Beisetzungsfeier Hermann Heitmann (1936-2022)
in St. Rochus zu Hauset am 6. Januar 2023
Hermann Heitmann wurde am 23. August 1936 in Berlin als erstes Kind von Margret und Wolfgang Heitmann geboren. Beide Eltern kamen aus Münster in Westfalen und Vater Wolfgang arbeitete als Jurist im Wirtschaftsministerium in Berlin. Die Kindheit verbrachte Hermann also in Berlin, zusammen mit seinem Bruder Wilhelm, der 1938 geboren wurde.
Der Vater wurde 1942 zur Wehrmacht eingezogen und er fand den Tod an der Ostfront im Januar 1943, vor genau 80 Jahren. Die Familie konnte wegen der zunehmenden Bombenangriffe nicht in Berlin bleiben und zog im Sommer 1943 zurück nach Münster, zu den Eltern von Mutter Margret. Dieser Wechsel war wie der Gang vom Regen in die Traufe, denn Münster wurde auch bombardiert. Deshalb zog Margret mit ihren beiden Söhnen nach Welbergen auf den Waldhof.
Hermann wurde 1943 in Welbergen eingeschult und besucht dort unter schwierigen Bedingungen die Grundschule bis Ostern 1945. Daraufhin folgte 1948 die höhere Schule in Ochtrup, die er, 8 Km entfernt, mit dem Fahrrad ansteuerte.
Mutter Margret heiratet in zweiter Ehe Friedrich Hess, der einen Sohn in die Ehe mitbringt. Es erfolgt der Umzug nach Bochum, für die Söhne eine nicht einfache
Zeit.
Hermann macht 1956 sein Abitur mit guten Noten besonders in Sprachen, außer in Mathematik. Ob er sich wohl gerade deshalb entschieden hat, Maschinenbau zu studieren? Wie dem auch sei, er schließt sein Studium an der RWTH Aachen in kurzer Zeit 1961 erfolgreich ab. Nun geht Hermann als Mitarbeiter ans Institut für internationale Zusammenarbeit von Professor Klaus Mehnert an der RWTH Aachen.
In diesen Jahren und während seines ganzen Lebens hatte Hermann ein vielfältiges Interesse und ein ausgeprägtes Fernweh. Dies äußerte sich durch viele Reisen. So fuhr er zum Beispiel 1958 auf einem Bananendampfer zur See nach Venezuela und brachte kleine ausgestopfte Krokodile mit nach Hause. In den ersten Semesterferien ging er nach Afghanistan, das damals noch friedlich und offen war und baute mit Siemens an der Elektrifizierung der Eisenbahn in diesem Land. Andere Ferien nutzte er für ein Praktikum bei Renault in Paris, er sprach auch gut Französisch. Während des ganzen Studiums wirkte Hermann im Auslandsreisedienst des Asta der RWTH, insbesondere für Busreisen nach Spanien und Frankreich. Auf einer Spanienreise lernte er Monique Janssen aus Hauset kennen und lieben. Hermann und Monique heirateten am 12. Juli 1962 im hohen Dom zu Aachen, Ihre beiden Kinder Wolfgang und Ute kamen 1962 bzw. 1965 in Aachen zur Welt. 1961 war Hermann Doktorand bei Professor Opitz am Institut für Werkzeugmaschinen der RWTH und bekommt nach vier Jahren die Promotion zum Dr. Ing. verliehen.
Aber Hermann zieht es wieder in die Ferne. Nach der Promotion zieht die Familie nach Madras (heute Chennai) in Indien, wo er von 1967 bis 1971 eine Tätigkeit als Dozent am Madras Institute of Technology (MIT) annimmt. Das Institut kooperierte mit der RWTH. Auf ihrer ersten Reise dorthin war Monique mit den beiden kleinen Kindern im Frachtdampfer nach Madras zur See gefahren, eine Reise die sechs Wochen dauerte.
1971 kehrt die Familie nach Deutschland zurück und Hermann tritt in die Firma Gerlach in Homburg an der Saar ein, er wird dort 10 Jahre in leitender Position tätig sein.
Kaum ist die Schulzeit der Kinder fortgeschritten oder abgeschlossen geht es 1983 mit der ganzen Familie nach Thailand, um in Bangkok im Auftrag der GTZ im Bereich der technischen Universitäten Entwicklungshilfe zu koordinieren und gleichzeitig in der Lehre am King Mongkut Institut in Bangkok tätig zu sein, der dortigen staatlichen Universität. Den Abschluss bildete eine Beschäftigung beim TÜV Bayern in Bangkok.
Die beiden Kinder Wolfgang und Ute waren bereits früher nach Deutschland zurückgekehrt, um dort ihr Studium zu beginnen und abzuschließen. Hermann und Monique kehrten zurück, als Hermann den Ruhestand erreicht hatte. Das war zu Beginn dieses Jahrhunderts. Somit endete eine erfolgreiche und spezialisierte Berufslaufbahn sowohl im Hochschulbereich als auch in der Industrie.
Monique teilte mit Hermann das Fernweh und auch die Neugier für ferne Länder und Kulturen. Die indische und auch die südostasiatische Kultur haben sie beide für ihr Leben geprägt. Von Thailand aus unternehmen sie viele Reisen zu den Stätten der Kultur des Buddhismus in ganz Süd- und Südostasien, aber auch zu anderen Ländern dieser Welt. Die Dekorationen und die vollen Bücherregale in der Flög geben ein lebhaftes Zeugnis dieser Passion.
Apropos Flög. Für uns alle, die wir heute hier sind, vielleicht etwas überraschend, wählen die beiden das betuliche Hauset aus für ihren „Unruhestand“. Hier hatte Monique etwas mehr als zwanzig Jahre gelebt und wohl deshalb erwarben sie die beiden Immobilien im Weiler Flög, die dem Casinobesitzer in Herbesthal, Richard Falkenstein gehörten. Diese bauten sie zu Ihrem Domizil aus, verloren aber in den ersten Jahren ihre Wahlheimat Thailand nicht aus dem Blick, weil sie in Bangkok eine Art Sommerresidenz errichten, um das Land weiter zu durchdringen und ihre alten Weggefährten wiederzufinden. Die Pflege von Freundschaften aus allen Lebensphasen, Schule, Studium- und Berufsstationen im In- und Ausland war Hermann immer sehr wichtig und wurde mit Treffen und gegenseitigen Besuchen mit Leben erfüllt.
Auch in Hauset mischten die beiden schnell im gesellschaftlichen Leben mit, das galt nicht nur für Monique, sondern auch für den „Preußen“ Hermann. Beide Kinder hatten inzwischen eigene Familien gegründet. Sohn Wolfgang wohnte zuletzt in der Nähe von Hamburg, wir sagten immer in Buxtehude, und er hatte mit Nancy vier Söhne. Wolfgang verstarb mit 49 Jahren im Jahr 2012. Die Familie lebt heute noch dort. Tochter Ute lebt heute mit Ihrem Mann Günther und den vier Töchtern in München.
In den letzten zehn Jahren ihres Lebens lebten Hermann und Monique immer noch und bis zuletzt im beschaulichen Hauset. Die beiden engagierten sich im Dorf durch die Teilnahme an kulturellen und gesellschaftlichen Ereignissen, wobei besonders auch die Dorfchronik und überhaupt das Stöbern in alten Genealogien und Geschichten ein besonderes Interesse und eine aktive Tätigkeit mit sich brachten. Deshalb kamen zu den oben erwähnten Büchern immer weitere hinzu. Monique verstarb im Jahr 2019 und heute nehmen wir also Abschied von Hermann, der am 31. Dezember 2022, fast pünktlich zum Jahreswechsel, von uns ging.
Besonders meine Frau Elka und ich haben als direkte Nachbarn also zwanzig Jahre Tür an Tür gelebt und wir haben diese Nachbarschaft in zahlreichen Feiern zelebrieren können. Es war manchmal wie bei Dallas und Denver, da hieß es nämlich auch, „wollt ihr einen Drink“ und es wurde sich ein bisschen gefetzt. Aber die beiden liebten es, uns und Siegfried mit Josée ihre Kochkünste zu zeigen, die sie in fernen Ländern erlernt hatten. Auch haben wir noch gemeinsame Reisen unternommen, wie die Flusskreuzfahrt auf der Wolga von St. Petersburg bis Moskau 2003 oder die Reise durch die drei baltischen Staaten im Jahr 2006.
Zuletzt wurde alles etwas ruhiger und auch die Kräfte ließen nach.
Aber wie sagte Ute:
Wenn die Sonne des Lebens untergeht, leuchten die Sterne der Erinnerung.
Hauset, 6. Januar 2022
www.waltherjanssen.eu
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