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Die Renaturierung des Bingeberg in Hauset

Dreißig Jahre nach der endgültigen Schließung:

Kann der Bingeberg renaturiert werden?

Es ist nun beinahe fünfzig Jahre her, dass die Ausbeutung einer Sandgrube am Bingeberg in Hauset Flög begann und es ist beinahe dreißig Jahre her, dass die illegale Verfüllung der Grube mit Haushaltsmüll und Bauschutt aller Art letztendlich beendet und gestoppt wurde. Wir erinnern uns, die Betreiber der Grube, die Gebrüder Falkenberg aus Kettenis wurden wegen verschiedener Umweltvergehen angeklagt, wozu auch die fast kriminelle Verfüllung mit unerlaubten Müllablagerungen in verschiedenen Abbaugebieten in den Provinzen Lüttich und Limburg gehörten. In einem Prozess der Jahre dauerte, wurden die beiden Müllentsorger letztendlich 2006rechtskräftig verurteilt. Allerdings kam es nicht zu einer verpflichtenden Zwangsauflage zur ordnungsgemäßen Renaturierung des Bingebergs in Hauset Flög. Die Firma war inzwischen Pleite. Zur Chronik der ganzen Geschichte wird auf den Blog "Die Zerstörung des Bingeberg" aus dem Jahre 2020 verwiesen. 

 

Wenn auch die Bevölkerung in Hauset und in der Gemeinde Raeren, ja selbst die nächsten Anwohner im Weiler Flög sich im Laufe der letzten Jahrzehnte mit dem Zustand abgefunden haben, nachdem auch die Aufsichtsbehörde der Wallonischen Regierung die Akte offiziell geschlossen hatte, so kann dem Naturfreund und Umweltschützer nicht gleichgültig sein, wie sich dieses ehemalige Waldgebiet entlang des Landgrabens von Köpfchen an der Grenze zu Aachen bis zu den 90 Morgen zwischen Hauset und Hergenrath heute darstellt. 

 

So war es dennoch vielleicht Zufall, dass sich zwei Studenten der Fakultät für Architektur der RWTH Aachen der Brachlandschaft noch einmal im Zuge einer Masterarbeit und größeren Studie annahmen. Sie waren Ende 2022 durch den Beitrag über die Sandgrube Bingeberg auf das Problem aufmerksam geworden, und mit anderen Studenten wurde dabei die heutige Auffüllung verschiedener Gruben und Abbaugebiete in der Euregio unter die Lupe genommen. Die beiden Studierenden, Jacob Schlüssel und Norbert Lentzen, führten das Projekt  unter Anleitung von Ken De Cooman (https://actofbuilding.rwth-aachen.de/department/who-we-are/) im Lehrstuhl der Juniorprofessur für Baukonstruktion und Entwerfen, Fakultät für Architektur, durch. Von meiner Seite hatte ich sie mit vielen Informationen aus meinen eigenen Recherchen gefüttert, andererseits war ich aber auch selbst beeindruckt, wie tief die beiden angehenden Wissenschaftler sich in die Thematik des Erschließens von Rohstoffen durch Abbau, der Renaturierung und der Müllbeseitigung eingearbeitet hatten. Ohne Zweifel interessierten sich die beiden auch für den Widerstand, den es gegen diese Vorhaben gegeben hatte, auch wenn heute kaum noch jemand Bescheid weiß. Für mich war es jedoch eine willkommene Gelegenheit, mich noch einmal mit dem Gedanken einer Umwidmung des Geländes zu beschäftigen, denn nach wie vor halte ich eine ordnungsgemäße Renaturierung des Bingeberg und eine andere Nutzung desselben nach wie vor für eine sinnvolle Aufgabe im Sinne vom Umweltschutz, Raumordnung und Landschaftsschutz. Gerade heute ist es vielleicht an der Zeit, ein solches Vorhaben zumindest auf die Tagesordnung zu bringen, da die Behörden in der Wallonischen Region und in der Deutschsprachigen Gemeinschaft sicher eine andere Einstellung haben, als dies vor dreißig oder vierzig Jahren der Fall gewesen ist. Auch kommt hinzu, dass gerade in der Gemeinde Raeren die Kommission für Ländliche Entwicklung erneut die Bürger einbindet in eine Art Bürgerforum, in dem man alle Wünsche, auch betreffend der Umwelt auf die Tagesordnung setzen kann. Wenn die Vorhaben ausgewählt werden, so kann man auch mit finanziellen Mitteln rechnen um ein Projekt zu verwirklichen.  


Zunächst möchte ich hier jedoch eine Übersicht der Analyse der beiden Studierenden der RWTH wiedergeben, sowie ein Interview, welches ich bei dieser Gelegenheit im KuKuK geben konnte. 

 

Das Interview finden sie auf unseren YOUTUBE Kanal hier https://youtu.be/wjM7_JiAbnc

 

 

Die Präsentation zur Masterarbeit Hauset Bingeberg

 

Die beiden Studenten präsentierten ihre Recherche für die Masterarbeit im Institut für Architektur, im Forum der Aula. Die Präsentation wurde auf verschiedenen Ausstellungstafeln vorgestellt und es zählte auch eine Einführung dazu. Das Ganze war in englischer Sprache gehalten und wurde auch in englischer Sprache vorgetragen. Da ich mich als betroffener Anlieger vor Jahrzehnten für den Erhalt des Bingeberg eingesetzt hatte und auch gegen den Sandabbau an dieser Stelle gewesen war, beeindruckte mich die Herangehensweise der beiden Studierenden insofern, als sie das kleine Hauset mit der Sandgrube am Bingeberg in einer gleichen Reihe setzten mit oft weitaus größeren "Umweltsünden", die rundum den Globus dokumentiert sind. Einige dieser Projekte sind uns aus der internationalen Presse bekannt, wie zum Beispiel der Sandabbau und die Abtragung ganzer Inseln in Indonesien, um den Sand in den Vereinigten Emiraten wieder anzufüllen um dort Luxusinseln mit Apartments zu bauen. Der eigene Wüstensand der Emirate eignet sich nämlich nicht für diese Bauvorhaben. Der Sand muss also importiert werden.

 

Negative impacts of sand mining world wide

Hier zu sehen ist die Karte wo unter der Rubrik "Negative Impakte von Sandabbau auf der Welt" Hauset hier in erlauchter Runde steht mit Städten oder Gegenden wie Houston, TX, dem Barceloneta Beach in Spanien, dem Mekong Delta in Vietnam, mit Singapur, dem Victoria See in Kenya oder mit der Küstenregion in Sierra Leone. Als negative Aspekte sind für Hauset genannt: der Verlust der Biodiversität und vor allem die illegale Müllablagerung 

 

Eine kurze Chronik 

Dann schreiben die Autoren weiter, und ich übertrage aus dem Englischen, ...unser Forschungsfeld „Materialgedächtnisse“ beschäftigt sich mit der Nacherzählung oder Nachverfolgung eines extrahierten oder noch zu extrahierenden Materials. Dabei stießen wir auf das Dorf und Ostbelgien gelegen, wo in unmittelbarer Nähe zur Grenze eine ganze Erzählung bestand über die Ausbeutung einer Sandgrube im Weiler Flög, am Flur Bingeberg. Dieser Bergrücken zieht sich entlang der Staatsgrenze und besteht am südlichen Ausläufer des Aachener Waldes aus riesigen Sandvorkommen. 


Schlüssel & Lentzen schildern in Kurzform was sich seit der Genehmigung der Sandgrube durch den Gemeinderat der damals neuen Gemeinde Raeren im Jahr 1977 ereignete, dies aus der eigenen Sicht ihrer Recherche, auch übrigens aus den Beiträgen im Grenz-Echo:

1977 - Genehmigung der Sandgrube und Konzession an die Gebr. Falkenberg in Kettenis, mit Umweltauflagen auch zur Renaturierung

1979 - Erster Rauch steigt auf aus den Ablagerung von Haushaltsmüll aufgrund der Verfüllung, die parallel zum Sandabbau erfolgte. 

1980 - Versuch die Sandgrube zu erweitern wurde abgelehnt

1983 - Verfüllung wird unter Protest fortgesetzt
1986 - Ende der Mülldeponie

2005 - Verurteilung der Brüder Falkenberg wegen illegaler Müllgeschäfte

 

In den weiteren Einführungen von Schlüssel & Lentzen lesen wir dass in etwa zwei Jahren die Sandgrube ausgebeutet war und es bestand die Hoffnung, dass der Sandberg doch ordnungsgemäß renaturiert werden könnte. Aber nach kurzer Zeit begannen im Eingangsbereich bereits die Verfüllungen und sehr schnell erkannte man, zu Beginn der 1980-er Jahre bereits Bauschutt und Haushaltsmüll abgelagert wurden. Es gab weder eine ordentliche Vorbereitung noch eine Genehmigung für die Verfüllung vorliegend. Es war also illegal. Zwischendurch stoppte die Gemeindeverwaltung diese illegale Verfüllung, und unternahm noch andere Schritte um eine Renaturierung zu erreichen, die aber erfolglos blieben. Nach 1986 endete dann die Verfüllung der Grube und die hauseter, vor allen Dingen die Anlieger, wurden mit dem vorhandenen Müll alleine gelassen. 

Die Matrix aller Beteiligten am Sandabbau - Projekt Hauset Bingeberg (Flög)

Der Bingeberg in Hauset: Der Zustand

Durch weitere Untersuchungen seitens der Umweltbehörden, aber auch durch Umweltorganisationen, unterstützt durch private Initiativen, wurde eindeutig bestätigt das sich kontaminiertes Abraummaterial in der Sandgrube befand (ganz zu Schweigen von den sichtbaren Müllablagerungen von Sperrmüll und Haushaltsmüll). Da keine Vorkehrungen getroffen wurden, war auch das Grundwasser nachweislich kontaminiert. 

 

Schlüssel & Lentzen schreiben weiter, ... dass verschiedene Versuche der Befüllung der Grube scheiterten. Und heute liegt das kontaminierte und unsichere Material noch immer im Boden unter einer dünnen Schicht von Fichten, Kiefern und Laubsträuchern.

 Deshalb sieht die Grube heute, mit bloßem Auge betrachtet, wie ein harmloser überwucherter Hügel aus. Die Kante der am Rande vorhandenen  Wand aus Sand ist jedoch nach wie vor sichtbar. Auch der zugewachsene und versperrte schmale Eingang  zeigt nach kurzer Inspektion alle Arten von Abfall und Müll, wie zum Beispiel Betonteile, Strassenbelag, Plastikwände, und etwas weiter türmt sich auch heute noch der Haushaltsmüll sichtbar bis an die Oberfläche. Die Kanten der seitenwände sind in sich abgerutscht und schrägen die Ränder ab (die jedoch frei zugänglich sind vom Landgraben aus und deshalb gefährlich für Tier und Mensch). Abfall ist überall sichtbar, Kühlschränke schauen unverfänglich aus dem Erdreich heraus. 

Eine Renaturierung scheint also heute beinahe unmöglich und die Umweltkontrollen wurden auch gestoppt, nachdem die wallonische Region als zuständige Behörde, die Kosten für unerschwinglich hielt. 

 

Diese Feststellung möchten wir hiernach noch einmal aufgreifen, denn die Frage stellt sich ob dieser Zustand weitere dreißig Jahre so erhalten bleiben soll oder ob es doch eine erschwingliche Lösung geben kann. 

 

Unsere Arbeit zeigt also das Problem, welches die Ausbeutung von Rohstoffen, in diesem Fall Sand, oft mit sich bringt, schreiben Schlüssel & Lentzen weiter. Das durch den Sandabbau entstandene Loch wurde mit Müll und Abfall teilweise geschlossen. Für einige Ablagerungen wie Beton und Baumaterial wurde auch wieder Sand verwendet, und somit zeigt die Sandgrube am Bingeberg in der Flög ironischerweise wohin eine lineare Produktion und ein ökonomisches System langfristig hinführt, wenn es nicht kontrolliert geschieht. Ohne Recycling wird die Nachfrage für  natürliche Ressourcen und die Produktion von Abfall linear ansteigen. Dabei sind Bilder und Eindrücke wie in Hauset keine Ausnahme.

 

Sie reihen sich also zu Recht ein in die verschiedenen anderen Umweltschäden die rund um den Globus geschehen. Somit erscheint die Einordnung von Hauset Flög zwar weit hergeholt und vielleicht etwas überzogen, sie zeigt aber,  dass die Politik und die Behörden vielerorts nichts gelernt haben. Man fühlt sich bei diesen Entwicklungen und dem Umgang mit den Umweltsünden und den Verursachern teilweise in Länder der sogenannten Dritten Welt versetzt. 

 

 

Der Bingeberg in Hauset: Eine Renaturierung


Für eine Renaturierung des Bingeberg spricht einiges, wenngleich die Bevölkerung und die Anwohner längst vergessen haben, dass am Bingeberg unter der Erde eine umweltschädliche Zeitbombe tickt. Man wird aber die Konsequenzen selbst nicht mehr erleben. Deshalb mag auch kein Interesse bestehen, den Zustand zu verbessern und vielleicht eine sinnvolle Verwendung für das vorhandene Areal zu finden. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass an verschiedenen Orten in unserer näheren Heimat noch viele Umweltsünden schlummern, so zum Beispiel in den alten Steinbrüchen um Walheim. In einem Gelände wurde dort zwar eine Freizeitareal geschaffen mit Grillhütte, aber rundherum findet man noch viele Reste des früheren Abbaus von Kalkstein und Kalk. 


Links: Flög Bingeberg Quelle: Royal Air Force 10. Sept. 1944

 

Auch haben wir vielleicht gerade durch die im Rheinland vorhandene Technologie des Braunkohleabbaus und den großen Erfahrungen die man mit der Renaturierung ganzer Landschaften gewonnen hat, eine gute Möglichkeit, auch die Sandgrube zu reinigen und neu anzufüllen. Hierzu hätte man immerhin knapp zehn Jahre Zeit. 

So könnte ich mir vorstellen, dass zunächst noch einmal gründliche Boden- und Wasseranalysen gemacht werden um den augenblicklichen Zustand zu überprüfen. 

Dann müsste festgelegt werden, den verunreinigten Abraum wahrscheinlich am besten vor Ort zu trennen  und zu selektieren, um ihn kontrolliert zu den offiziellen Deponien in der Provinz Lüttich und im Rheinischen Revier zu entsorgen.

In einer weiteren Phase könnte, unter entsprechender Kontrolle der Fachleute von Rheinbraun, der Abraum aus dem Revier für die Verfüllung der Grube am Bingeberg verwendet werden. 

Selbstverständlich sind die Experten von Rheinbraun in der Lage festzulegen, was geschehen muss um eine Verfüllung zu gewährleisten. Vielleicht sind sie sogar in der Lage ein Landschaftskonzept für das Areal des Bingeberg zu entwerfen im Sinne von Naturschutz, Tierschutz, Artenschutz und vieles mehr. Auch kulturhistorische Aspekte können berücksichtigt werden, denn immerhin liegt das Areal an der Staatsgrenze, am Westwall  und am Ende einer besonderen geologischen Zone (die Zyklopensteine).

 

Besteht der politische Wille oder das öffentliche Interesse?
Was zustande kommen müsste ist der politische Wille, überhaupt etwas zu tun. Hier sind die Regierungen und Behörden in der Wallonie, in Ostbelgien, in der Städteregion Aachen gefordert. Die Geldfrage kann man eventuell auch zumindest ansatzweise durch eine europäische initiative in den Griff bekommen. Jedenfalls kann man den Versuch unternehmen, dies in einem der Töpfe der Europäischen union unterzubringen, bei gleichzeitiger Beteiligung der öffentlichen Hand natürlich. 

 

 

Der Bingeberg am Westwall bis zur Flög - Luftaufklärung 10.09.1944 (Quelle: RAF)


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Die Janssens aus Hauset

Walther und Elka Janssen wohnten mehr als 40 Jahre mit ihren drei Söhnen in dem kleinen Ort Hauset, einem Ortsteil der Gemeinde Raeren in Ostbelgien. Vieles in dem Archiv unserer Webseite dreht sich deshalb um diese 40 Jahre gemeinsamer Erlebnisse, aber auch um die Zeit davor. Elka und Walther wohnen seit 2013 in Schleckheim, einem Stadtteil im Süden von Aachen. Die beiden ältesten Söhne sind mit ihren Familien in Hauset geblieben, der jüngste Sohn wohnt am Firmensitz der Janssen Cosmetics in Oberforstbach (Aachen).  Wir möchten die Privatsphäre schützen, deshalb reagieren wir gerne auf Hinweise. Wenn Ihr also Hinweise,  Fragen, Anregungen und Vorschläge oder Ideen habt, meldet Euch gerne  

 

dialog@waltherjanssen.eu  


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Kommentare: 4
  • #4

    Astrid Heidendal geb.Roomers (Sonntag, 15 September 2024 17:23)

    Liebe Familie Janssen, auch ich komme aus Hauset, Wir haben gegenüber gewohnt das freistehende Haus, wir kennen uns sicher, kurz!Mein Schwestern heissen Monique und Susanne,geb.1945,1949 ich und 1951.Mein Vater arbeitete bei Noell und hatte 54 einen toetlichen Autounfall,deswegen sind wir Ende 55 weggezogen erst nach Raeren und danach Nispert-Kettenis. Koelen Jansen hat beide Umzug geholfen Ich erinnere mich noch an den Ofen in der 1..Klasse.Frau Taxhet kannte ich gut,ich war viele Jahre im Sommer bei Lamberts auf dem Bauernhof,Viele liebe Gruesse aus den Niederlenden

  • #3

    Scott ivins (Dienstag, 05 März 2024 21:45)

    It was a wonderful experience acting as sales agents for Tristano Onofri fragrances together with Adel Haddad

  • #2

    Klara Doert (Samstag, 19 November 2022 16:44)

    Ganz toll das wir uns gestern bei der Euriade zur Verleihung der Martín Buber Plakette an Iris Berben in Kerkrade zufällig nach all den Jahren über den Weg liefen. Warte nun aufs Foto�

  • #1

    Detlev O. (Freitag, 01 Januar 2021 17:57)

    Lieber Walther, Du hast das Jahr 2020 sehr gut von allen Seiten beleuchtet. Immer ein Blick auch auf die Firma. Bleibt gesund