Der Tag der Gemeinschaft muss identitätsstiftend sein
Der 23. Oktober als Gemeinschaftstag der DG
Entgegen anderen weitverbreiteten Äußerungen, auch von offizieller Seite, ist meine Wahrnehmung, dass unsere Identität, und ich spreche hier von der institutionellen Identität (DG), weder in ihrer inneren Verfasstheit noch in dem äußeren Erscheinungsbild ausreichend in der Bevölkerung verankert ist.
Die innere Verfasstheit
Die Bürger unserer Gemeinschaft verinnerlichen die institutionelle Identität unserer Gemeinschaft nur wenig, auch wenn sie überwiegend der Autonomie und dem Nutzen derselben zumindest
mehrheitlich zustimmen. Es ist sogar so, dass die Wahrnehmung dieser Identität durch den seit einigen Jahren eingeführten Begriff der Marke, als "Ostbelgien" definiert, sogar
abnimmt, da auch die äußeren Merkmale (Flagge, Wappen,...) wenig in Erscheinung treten.
Die Identifikation mit der Gemeinschaft, die unter dem Kürzel DG verwendet wird, wäre meiner Meinung nach stärker durch einen eigenen Gemeinschaftstag, denn zur Zeit ist er mit dem Tag der Dynastie verknüpft. Deshalb sollte der Tag der Gemeinschaft der 23. Oktober festgelegt werden, an dem Tag als vor 50 Jahren das Parlament sich zum ersten Mal zusammenfand. Alle anderen Daten, auch wenn sie immer wieder in die Diskussion geworfen werden, können nicht in Betracht kommen, da erst am 23. Oktober vor 50 Jahren die Institution unserer Gemeinschaft das Licht der Welt erblickte und auch deshalb völkerrechtlich erstmals auf der Bühne dieser Welt, als solche in Erscheinung trat. Alle anderen Daten sind entweder historisch oder durch Ressentiments belastet, haben mit der institutionellen Gemeinschaft DG nichts zu tun und können deshalb nicht zur zukünftige Identifikation unserer Gemeinschaft beitragen.
Äußeres Erscheinungsbild
Auch das äußere Erscheinungsbild der Gemeinschaft als Institution hat meiner Wahrnehmung nach stark gelitten, vor allem seitdem das Markenlogo „Ostbelgien“ im Briefverkehr und anderen
öffentlichen Bekanntmachungen dominant wurde und die bisherigen offiziellen Symbole verdrängt. Deshalb sollten die äußeren Symbole unserer Institution wie Wappen, Flagge und
ähnliche Kennzeichen der Autonomie mehr in die Öffentlichkeit getragen werden und nicht durch marketingtechnische Logos ersetzt werden. Unser Wappen gehört auf alle Briefköpfe der Verwaltung,
nicht aber das Ostbelgien-Logo, schon gar nicht sollte das Ostbelgien-Logo unser Wappen verdrängen. Ich habe nichts gegen die Verwendung des Ostbelgien-Logos, aber die Institution DG ist
kein Verein und kein Marketingclub.
Man sollte die Bedeutung dieser Gedanken nicht herunterzuspielen oder als unwichtig abtun. Sie haben eine hohe Integrationskraft für das Zusammengehörigkeitsgefühl unserer Gemeinschaft, sowohl nach innen, wie auch nach außen. Jeder Schützenverein und jeder Sportverein hat sein Wappen und seine Flagge und versteht es, sich dahinter zu versammeln. Man muss sie nur zeigen und zur Schau tragen.
Auch sollte man dies nicht mit mancherorts sichtbaren Auswüchsen eines falsch verstandenen Regionalismus verwechseln. Zu den Symbolen unserer
Autonomie sollten wir uns bekennen, und wenn wir eine Hymne brauchen, so finden wir diese sicherlich bei den klassischen Komponisten und vielleicht auch bei den volkstümlichen Komponisten und
Interpreten unserer Heimat.
Das Markenlogo Ostbelgien kann selbstverständlich Verwendung finden, es ist aber nicht geeignet unsere Identität zu fördern,
höchsten kann es, wie der Name und auch die verschiedenen Stellungnahmen belegen, als Marke genutzt werden, auch über die Grenze unserer Institution hinaus. Die Institution DG sollte man jedoch
klar und unmissverständlich zu verorten wissen, sowohl im Inland wie auch in Europa und sogar in der Welt.
Deshalb setze ich mich ein um auf institutioneller Ebene, im Rahmen der belgischen Verfassung, für die Bezeichnung Eupen-Sankt Vith. Sie sollte zu einer neuen Identifikation führen und die etwas schwerfällige Bezeichnung „deutschsprachige Gemeinschaft“ ersetzen. Eine solche Entscheidung hätte viele Vorteile, die ich hier nicht alle aufzählen möchte. Es erscheint mir wichtig, dass man dadurch alle belastenden und emotional geladenen Begriffe ein für alle Mal ersetzt und hinter sich lässt und die Dualität der beiden regional unterschiedlichen Identitäten im Eupener Land und im St. Vither Land eindeutig darstellt.
Es gibt genügend Beispiele, wie eine solche Mikrobezeichnung funktionieren kann, aber natürlich auch in einer größeren Ebene. Man denke nur an den Wahlbezirk Halle-Vilvoorde in Belgien, die Bezeichnung der Bundesländer in Deutschland, oder die Namen zahlreicher Inseln in der Karibik.
Zwei Gemeinden
Gestärkt werden könnte die Bezeichnung Eupen-Sankt Vith auch durch die Gründung von zwei Verbandsgemeinden gleichen Namens. Bekanntlich kam die frühere Bezeichnung Eupen-Malmedy auf die völkerrechtlichen Bühne zur Zeit des Wiener Kongresses im Jahr 1815. Sie ist heute einerseits durch die historische Vergangenheit belastet und andererseits auch nicht mehr korrekt. Ähnlich wie damals kann man auch die erste Belgische Staatsreform von 1970-1971, die im Jahr 1973 zur Einsetzung eines Parlaments der deutschen Kulturgemeinschaft führte, als die Geburtsstunde dieser neuen institutionellen Gebietskörperschaft betrachten.
Dazu habe ich noch zwei Leserbriefe an das Grenzecho geschrieben:
50 Jahre Autonomie: Eine Erfolgsgeschichte
Nach dem Lesen und Betrachten aller Grenzecho Beiträge und Bilder und dem Hören der BRF-Reportagen zum Gedenken an 50 Jahre Autonomie an und um den 23. Oktober 2023, möchte ich dem Parlament zu diesem würdigen Festakt und der Durchführung von vielen Veranstaltungen herzlich beglückwünschen. Wenn man dann noch die „Parlamentarische Ereignisgeschichte“ von Wilfried Jousten zumindest quergelesen hat, so möchte ich auch den mehr als 200 Mandatsträgern aus 50 Jahren Autonomiegeschichte sowie den Mitarbeitern der Verwaltung meinen Dank für die geleistete Arbeit zum Wohle unserer Gemeinschaft aussprechen. Die 50 Jahre Autonomie sind eine unwiderrufliche Erfolgsgeschichte. Um das festzustellen, braucht man nur die vielen Bekanntmachungen und Einladungen aus allen Schichten unserer Zivilgesellschaft und der Autonomie-Verwaltung in den beiden Wochenblättern und im Rundfunk betrachten.
Mein bescheidener Wunsch wäre noch gewesen, dass man die Feier zum Anlass genommen hätte, um diesen 23. Oktober parteiübergreifend und ab sofort zum neuen Gemeinschaftstag zu erheben. Er hätte es verdient.
Walther Janssen
AC-Schleckheim
31. Oktober 2023
Zum Artikel "Ein umstrittenes Datum“ (siehe GrenzEcho vom 15. November 2023, Seite 2) schreibt Walther Janssen, AC-Schleckheim:
Schön, dass die Diskussion um das Datum des Gemeinschaftstags immer wieder aufs Neue hochkommt, und das wird auch so bleiben. Der 15. November ist in der Tat umstritten. Aus meiner Sichtweise ist der 23. Oktober das richtige Datum, denn es steht für die verfassungsrechtliche und auch völkerrechtliche Entstehung unserer heutigen Gemeinschaft und es wundert, dass dieses Datum nicht schon längst, besonders aber nach 50 Jahren Autonomie, einvernehmlich festgelegt wurde.
Im Jahr 1920 wurde nämlich nicht unsere Gemeinschaft Eupen-St. Vith an Belgien abgetreten, sondern die preußischen Kreise Eupen-Malmedy. Sicher muss dies auch den Historikern, den Politikern und den gemeinschaftszugehörigen Bürgern einleuchten. Darum ist der 23. Oktober der Beginn einer neuen Epoche unserer eigenen Identität. (Das Orakel von Schleckheim).
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